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GESCHICHTE DES VOLKSFESTVEREIN

Gründung des Volksfestvereins

In den vergangenen Jahrzehnten eroberte das Volksfest die Herzen der Chamer und wurde zu dem gesellschaftlichen Ereignis des Hochsommers. Von so einem Erfolg hätten sicherlich auch dessen Väter nicht zu träumen gewagt, als sie drei Jahre nach dem Kriegsende mit ihrer Idee an die Öffentlichkeit gingen. Die Wunden des Krieges waren noch lange nicht verheilt. Ganz zu schweigen von der wirtschaftlichen Situation, die von Arbeitslosigkeit, Währungsreform und Geldknappheit bestimmt wurde. Unter diesen Umständen kann man den Vorschlag, ein Volksfest zu veranstalten, durchaus als gewagt bezeichnen. Aber gerade in diesen schweren Jahren wollte eine Gruppe von Bürgern der Bevölkerung wieder Mut und Lebensfreude zurückgeben. Darüber hinaus erkannten sie auch die wirtschaftlichen Möglichkeiten so einer Veranstaltung.

Als Stadtrat Karl Reitmeier in der Ratssitzung vom 16. November 1948 die Volksfest-Idee vortrug, hielt Bürgermeister Schmidbauer die Zeit noch nicht reif dafür. Wegen der noch schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse befürchtete er sogar, dass die Schausteller nichts verdienen könnten. Er riet deshalb den Volksfest-Befürwortern, einen Garantiebetrag zu bilden, um den Fieranten wenigstens die Heimfahrt bezahlen zu können. Weil sich der Bürgermeister leider nicht für den Vorsitz im zu bildenden Volksfestkomitee gewinnen ließ, lud man die Bürger im Dezember 1948 zu einer öffentlichen Versammlung ein. Dort warb der Initiator, der Landtagsabgeordnete Hans Eder, energisch für das Volksfest. Eder betonte: „Des wird a G’schäft und koa Pleite!” Doch trotz seiner optimistischen Einstellung blieb ein finanzielles Risiko, für das allein die Veranstalter mit ihrem privaten Vermögen haften mussten. Es wurde lange und lebhaft diskutiert, so dass noch eine weitere Versammlung am 26. Dezember im „Hotel Alte Post” nötig war, ehe sich 13 Bürger bereit erklärten, im Notfall für die Kosten des geplanten Volksfestes einzustehen. Um eine Basis auch für künftige Feste zu haben, beschloss man einen Verein zu gründen, der Trägerschaft und Organisation in die Hand nehmen sollte. Das Amt des ersten Vorsitzenden bekleidete Hans Eder, während der Spediteur Hans Scherbauer als Stellvertreter fungierte. Beide Männer hatten bereits bei den Volksfesten von 1925 und 1931 aktiv mitgewirkt und konnten ihre Erfahrungen in die Arbeit einbringen. Der Leiter der Stadtwerke Fritz Amann gehörte ebenso zu den Gründungsmitgliedern wie Spenglermeister Heinrich Grötsch, Kaufmann Josef Heilingbrunner, Rechtsanwalt Dr. Rudolf Hösl, Prokurist Peter Mayr und stellvertretender Landrat Karl Muggenthaler.

Ergänzt wurde die Runde durch Bäckermeister Rudolf Österreicher, Innungsobermeisters Karl Reitmeier, Kreishandwerksmeister Hans Roider, Stadtkämmerer Hermann Teufl und Druckereibesitzer Karl Wein. Damit waren die Grundlagen für den Volksfestverein gelegt, der wenig später offiziell unter der Bezeichnung „Verein zur Förderung öffentlicher Veranstaltungen und kultureller Bestrebungen der Stadt Cham e. V.” seine Arbeit aufnahm. Hinter diesem etwas unhandlichen Namen stand von vornherein die Absicht auch außerhalb der Volksfestzeit öffentliche Veranstaltungen durchzuführen und das kulturelle Leben in Cham zu unterstützen. Ein Vorsatz, dem der Verein bis heute treu geblieben ist, wie zahlreiche Musikveranstaltungen, kulturelle Einrichtungen und Vereine bestätigen können.

Das erste Volksfest vom 30. Juli bis 8. August 1949

Zur Organisation des ersten Festes gehörte es auch, den passenden Termin festzulegen. Man wollte weder mit dem Further Drachenstich konkurrieren, noch Besucher durch die Haupterntezeit verlieren. Um hier die richtige Entscheidung zu treffen, bediente sich Hans Eder alter Bauernkalender, in denen er die Ausgaben für Taglöhner notiert hatte. So ermittelte er die Tage, an denen die Ernte vorüber war, das Wetter aber noch schön blieb. Der strahlende Sonnenschein, der das Chamer Volksfest oft begleitet, bestätigt, wie richtig seine Berechnungen damals waren. Das A und O eines jeden Volksfestes ist natürlich der Festbetrieb und vor allem der Bierausschank. Letzterer machte das erste Chamer Volksfest 1949 zu einem Ereignis von landesweiter Bedeutung. Denn hier konnte erstmals wieder eigens gebrautes Festbier angeboten werden.

Nach wochenlangen Vorbereitungen begann am 30. Juli 1949 das erste Volksfest nach dem 2. Weltkrieg. Es bot den Besuchern unterschiedlichste Veranstaltungen und Attraktionen. Weil die Organisatoren nicht nur unterhalten, sondern auch die Wirtschaft beleben wollten, hatten sie verschiedene Ausstellungen organisiert, auf denen sich Industrie, Gewerbe und Forstwirtschaft aus der Region präsentierten. Die Landwirtschaft, die damals noch eine ganz andere Rolle spielte als heute, nahm im Festprogramm breiten Raum ein. Die Bezirkstierschau, ein Viehmarkt auf dem Festplatz, die Aufführung einer Bauernhochzeit und ein landwirtschaftlicher Festzug setzten Akzente. Und nicht zu vergessen der Kinderfestzug, der von vielen Besuchern als „das Schönste vom Chamer Volksfest” bezeichnet wurde.

Am letzten Abend des Festes betrat schließlich Herr Reitmeier die Bühne und stellte dem Publikum im Bierzelt zwei entscheidende Fragen. Zuerst wollte er wissen, ob es angesichts der schweren Zeit richtig gewesen wäre, das Fest zu feiern. Dann erkundigte er sich, ob die Chamer auch im nächsten Jahr ein Volksfest wünschten. Die Festbesucher antworteten ihm auf jede seiner Fragen mit „tosender Zustimmung”. Obwohl das Fest bei der Bevölkerung gut angekommen war, galt es noch die wirtschaftliche Bilanz abzuwarten. Die Chamer Industrie- und Gewerbeausstellungen hatten einen sehr erfolgreichen Verlauf genommen. Mehr als 20.000 Besucher besichtigten die Messe und auch die Aussteller konnten neue Geschäftsbeziehungen sowie erste Aufträge vermelden.

Von der Festwiese hörte man 1949 unterschiedliche Meinungen. Während die meisten Schausteller mit ihrem Ergebnis nicht zufrieden waren, konnte sich der Umsatz bei Speisen und Getränken im Bier- wie auch im Weinzelt durchaus sehen lassen. Dieser überragende Erfolg bestätigte die Haltung der Vereinsmitglieder und entschädigte sie für die vielen Mühen während der Vorbereitungszeit. Damit war der Grundstein für die bis heute lebendige Tradition der Volksfeste in Cham gelegt worden.

Wechselnde Programmpunkte der Chamer Volksfeste und Einführung der Frühlingsfeste

In den vergangenen Jahrzehnten war das Leben der Bevölkerung vielfältigen Veränderungen unterworfen. Veränderungen, die sich auch an den Festprogrammen ablesen lassen. Während das Städtetreffen oder das Feuerwerk schon traditionsgemäß dazugehören, sind andere Veranstaltungen im Laufe der Jahre ganz verschwunden. So trat zum Beispiel die wirtschaftsfördernde Funktion der ersten Feste mit ihren Handwerks- und Gewerbeausstellungen zugunsten der Unterhaltung zurück.

Auch der Bereich der Landwirtschaft mit dem Ochsen- rennen, Festzügen, Ausstellungen, Bauerntagen u. a. verlor am Ende der 1950er Jahre stark an Bedeutung. Veranstaltungen mit landwirtschaftlichem Bezug waren in der Folgezeit eher die Ausnahme. Dies dürfte zum einem auf die abnehmende Bedeutung der Landwirtschaft, zum anderen auf das Ausscheiden von Hans Eder zurückzuführen sein.

Auch die einst traditionellen Kinderfestzüge waren diesem Wandel unterworfen und legten nach 1973 eine fast dreißigjährige Pause ein. Sportliche Wettkämpfe mit teilweise internationaler Beteiligung, vom Fußballmatch bis zum „Spiel ohne Grenzen“, waren schon immer mit dem Volksfest verbunden. Wenn auch nicht jedes Jahr, so gehörten sie doch in regelmäßigen Abständen zum Programm. Besonders erwähnt sei hier nur das Spiel des ASV Cham gegen den 1. FC Bayern München 1973, als die Chamer gegen die späteren Weltmeister Beckenbauer, Müller und Co. mit 13 zu 2 unterlagen. Erstmals 1957 wurden Ausstellungen heimischer Künstler und Vereine in das Programm aufgenommen. Diese Veranstaltungsreihe setzten die ab 1975 regelmäßig in der Stadthalle gezeigten Hobby- und Bastler-Ausstellungen fort. Da dem Volksfestverein auch die Förderung der örtlichen Vereine am Herzen liegt, wurden zahlreiche Vereinsjubiläen im Rahmen der Festwoche begangen.

Neben den regelmäßig wiederkehrenden Veranstaltungen ließen sich die Organisatoren auch immer etwas Neues einfallen, so z. B. einen historischen Festzug (1958), ein Oberpfälzer Reit- und Springturnier (1962), Ritterspiele (1968), eine Western-Show (1970) und vieles mehr. Während vor allem das erste Volksfest eine Bühne für die politische Prominenz bot, hatten nach einer längeren Pause erst wieder ab 1990 Politiker wie Theo Waigel, Rudolf Scharping oder zuletzt Gerhard Schröder ihren jeweiligen Auftritt im Bierzelt.

Auch wenn bei diesem kurzen Überblick nicht alle Veranstaltungen berücksichtigt werden können, so soll hier das Chamer Musik- und Brauchtumsfest nicht unerwähnt bleiben. Im Jahr 1967 wurde das Musikfest „Klingendes Cham“ erstmals durchgeführt. Damals nahmen zwölf Kapellen und Spielmannszüge teil, die überwiegend aus dem Bayerischen Wald stammten. Bereits im zweiten Jahr wurde das Programm durch einen Wettbewerb zwischen den Musikern ergänzt.

Eine internationale Ausrichtung erhielt das Musikfest von 1969, als Kapellen aus der Schweiz, Österreich, den Niederlanden und sogar aus der damaligen CSSR auftraten, wo im Jahr zuvor der Prager Frühling niedergeschlagen worden war. Im Laufe der Jahre nahm das Musikfest eine sehr positive Entwicklung und bildet heute einen Höhepunkt des Volksfestes. Die Veranstaltung, die jedes Jahr unter einem anderen Motto steht, führt zahlreiche Kapellen aus Deutschland und der ganzen Welt nach Cham und lockt Tausende Zuschauer an.

Nachdem sich die Volksfeste als fünfte Jahreszeit etabliert hatten, kam der Wunsch auf, ähnlich wie in anderen Städten, auch in Cham regelmäßig Frühlingsfeste durchzuführen. Das erste dieser Feste, das unter der Regie des Chamer Volksfestvereins ablief, fand im Mai 1972 statt. Als Termin wurden die Tage um Christi Himmelfahrt gewählt. Nach einem erfolgreichen Start kann das Chamer Frühlingsfest mittlerweile auf eine über 35-jährige Geschichte zurückblicken.

Verfasser: Timo Bullemer, Stadtarchiv Cham

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